Unglück an der Oderbrücke

 

Von der Oderbrücke im Jahre 1901

Interessant ist die Geschichte der Oderbrücke zwischen dem Auekrug und dem Rotenberg:

Im Jahre 1901 genügte die Holzbrücke nicht mehr dem stärker werdendem Verkehr. Nach langem Hin und Her erklärte sich die Provinzialverwaltung endlich bereit, eine moderne Brücke aus Stein und Eisenbeton zu errichten. Die Vertreter der Anliegergemeinden Pöhlde und Hattorf wiesen den Baurat , dem die Planung übertragen war, auf die Gewalt der Hochwässer hin. Da es aber ein trockener Sommer war und die Oder kaum Wasser führte, meinte der Baurat, das bisschen Wasser könnte eine Kuh aussaufen. So begann der Bau und kostete rund 16.000 Mark. Das war damals viel Geld, kostete doch ein Pfund Kalbsbraten nur 40 Pfennig. Am Dienstag, 19. November fand mit dem üblichen Aufgebot von Ehrengästen mit vielen guten Reden und einem Hoch auf seine Majestät die feierliche Einweihung statt.

Die Fahrbahn war 6 Meter breit. Bunte Girlanden und Tannengrün schmückten das Geländer und von einem Mast flatterte die schwarz-weiß-rote Fahne. Schon während der Feier, die im Auekrug stattfand, öffnete der Himmel seine Schleusen und der Baurat war froh als er die Fahrt in der offenen Kalesche zum Hattorfer Bahnhof hinter sich hatte und im Zug saß.

Es regnete die ganze Nacht - auch im Harz. Die Oder stieg von Stunde zu Stunde und am Mittwoch in der Frühe begann der nördliche Pfeiler, der bereits völlig unterwühlt war, zu sinken. Der herbeigerufene Wegemeister beorderte sofort zwei Wachen aus Pöhlde und Hattorf, um die Brücke auf beiden Seiten zu sperren. Die Pöhlder waren zuerst zur Stelle. Bei ihrem Eintreffen war die Brücke in der ganzen Länge bereits geborsten und nur ein Bankett verband noch beide Ufer. Diesen höchst gefährlichen Weg überschritt die Wache um auf der anderen Seite die Zufahrt zu sperren. Dann traten die Männer den Rückweg an. Als sie in der Mitte des Banketts waren brach die Brücke mit Getöse in sich zusammen und riss die unglücklichen in das reißende Wasser. Zwei Wärter wurden in einen toten Arm des Flusses geschleudert. Dort konnten sie sich am Wurzelwerk festhalten, wo sie von den inzwischen herbeigeeilten Hattorfer Kameraden gerettet wurden.  Streckenwärter Ohnesorge aus Pöhlde, der eine Witwe und drei Kinder hinterließ, ertrank. Seine Leiche wurde erst gefunden, als sich das Hochwasser verlaufen hat..

Ein schreckliches Bild bot sich am kommenden Tag an der Unglücksstätte. Das noch mit Girlanden und Tannengrün geschmückte Brückengeländer ragte wie ein Grabschmuck aus der Tiefe hervor. So erzählte ein Augenzeuge. Wie mag dem verantwortlichen Baurat wohl zumute gewesen sein ?


Archivbild von 1957 (Aufn. Julius Siegert)

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